Marrakesch

Reiseberichte aus dem Sanella-Album Afrika

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Seite 68

AUF ZUR LETZTEN ETAPPE

Aber auch diese schönen Ferientage gingen einmal zu Ende, und Madeira war ja doch nur eine Etappe der großen Reise. Unser Frachter hatte Ostkurs genommen, und in einer steifen Brise bahnte er sich seinen Weg durch die gurgelnden Wellen. Dann endlich kam der Augenblick, wo unser braver Jeep auf sein Element, die Erde, gesetzt wurde und wir in Casablanca wieder afrikanisches Festland betraten. Als wir von der Mole fuhren, trafen wir auf eine typisch marokkanische Musikantengruppe, die uns mit Quieken und Blasen willkommen hieß und dabei heftig mit den Augen rollte. Natürlich gab sie dieses Ständchen nicht, ohne uns um Münzen anzubetteln. In Casablanca, dem arabischen Dar=el=Beida, fiel uns besonders die krasse Scheidung der modernen Kolonialviertel von dem alten Stadtteil auf.

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Gerade noch fuhren klingelnde Straßenbahnen an uns vorüber und wir hatten vor europäisch anmutenden Schaufenstern gestanden, da befanden wir uns auch schon wenig später in einer völlig fremden Stadt, in der noch der ganze versponnene Reiz alter mohammedanischer Städte lebte. Dann starteten wir wieder in südlicher Richtung zur Fahrt in die Steppe. In der Nähe von Marrakesch, der südlichen Hauptstadt von Marokko, trafen wir auf Maultierkarawanen, die schwer beladen waren. In großen, grauen oder braunen Kapuzenmänteln, den sogenannten Dschellaba, schritten bärtige Bergberber nebenher. Sie wollten wohl die Holzkohle aus den Wäldern der Berge, die Erträge ihrer Gärten und Äcker, Geflügel und Eier zum Markt bringen. Als uns der Weg dann weiter durch reichbewässerte Oasen führte, wurde der Verkehr auf den Straßen immer lebhafter, und bald zeichneten sich die Konturen des Sultanspalastes, der Kasba und der Moscheen am Horizont ab. Marrakesch ist ein außerordentlich wichtiger Handelsplatz und militärischer Mittelpunkt des südlichen Marokko. Die Umrisse dieses Stadtbildes wirkten wie die Illustration eines orientalischen Märchens, doch als auch darüber die Propeller schwerer Flugmaschinen surrten, wußten wir, daß uns Marrakesch ein ähnliches Bild wie Casablanca bieten würde. Wir änderten in Marrakesch unsere Marschrichtung und fuhren nun nordostwärts. Jetzt mußte unser braver Jeep zeigen, was er zu schaffen vermochte. An den Westhängen des Atlas=Gebirges ging es über kahle Bergrücken an terrassenförmigen Steinhängen vorbei durch die flachen Geröllbetten fast ausgetrockneter Flüsse.

Es ist still bei unserer Fahrt, und nur der emsig arbeitende Motor singt sein Lied. Als dann da und dort mächtige Steineichen mit ihren stechpalmenähnlichen Blättern, Oliven, Zedern und Haselnußbüsche auftauchen, wissen wir, daß es nicht mehr lange dauern kann, bis wir unseren letzten Stationspunkt erreichen. Immer fruchtbarer wird die Landschaft, und immer stärker wird der berauschende Duft von blühenden Kräutern. Schließlich roch es wie in einem Parfümladen. Die kleinen dornigen Zwergsträucher, wie Lavendel, Thymian, Rosmarin, sind die Spender dieser bekannten Wohlgerüche. Es machte mir viel Spaß, mich dadurch zu parfümieren, daß ich die Stengel der Pflanze brach und ihre Blätter zwischen den Fingern verrieb.

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